Freitag, 10. November 2017

Diagnose AD(H)S

In meinen 12 von 12 vom Oktober habe ich es anklingen lassen. Lange wusste ich auch nicht, ob ich hier darüber schreiben wollte. Ist es doch ziemlich persönlich. Aber das Leben besteht nun mal nicht nur aus Freudigem und Schönem, davon können wir ja inzwischen ein Lied singen.
  
Wer hier schon länger liest, hat es vielleicht zwischen den Zeilen herausgehört: Wir machen uns gerade viele Gedanken um den kleinen Bruder. Die Schule ist sein Problem. 
  
Der kleine Bruder ist ein kreatives und aufgewecktes Kind. Er konnte schon im Kindergarten fantasievoll zeichnen und werkeln, konstruieren und bauen und zwar mit immenser Ausdauer. Alles war gut, bis er dann mit sieben Jahren eingeschult wurde. 
   
Zunächst waren die Hausaufgaben das Problem. Er weigerte sich bald, sie zu machen und saß dann lange davor, ohne zu beginnen. Ja, der kleine Bruder kann ein ziemlicher Dickkopf und Trödler sein. Das zeigt sich auch, wenn er es heißt: "Mach dich jetzt schnell fertig!" Mit der zunehmenden Menge der Hausaufgaben wuchs auch das Problem.
  
Und mit Beginn der Notengebung fing dann auch seine Lehrerin an, sich Sorgen zu machen, wenn er das Pensum in den Klassenarbeiten nicht schaffte. Den kleinen Bruder stören die schlechten Zensuren nicht. Immer dachten wir, dass der Knoten bei ihm irgendwann noch platzen würde.  
  
Inzwischen ist der Leidensdruck sehr hoch. Die ganze Familie leidet. Wenn dein Kind stundenlang für die Hausaufgaben oder das Üben für ein Diktat benötigt, geht so viel wertvolle (Familien)zeit verloren, in denen es spielen, draußen sein, seinen Hobbys nachgehen, lesen oder am Wochenende Ausflüge unternehmen könnte. Das ist so schade!

Zwei Mal in der Woche bekommt er von der Schule jeweils eine Stunde Hausaufgabenunterstützung von einer ehemaligen Lehrerin. Und dort arbeitet er auch, wenn auch langsam. Nur reicht ihm das nicht aus und so sitzen wir dann abends meist an weiteren Hausaufgaben. 
  
Wir suchten Rat und warteten dann mehrere Monate auf einen Termin beim Sozialpädiatrischen Zentrum. Nach einem Anamnese-Gespräch erhielten wir weitere Termine. In der Zeit um die Sommerferien begleiteten wir den kleinen Bruder zu Tests und Untersuchungen. Nach einem Gespräch mit dem Psychologen wurde uns die Diagnose Anfang Oktober im Abschlussbericht schwarz auf weiß mitgeteilt: Aufmerksamkeits-Defizit-Störung (ohne Hyperaktivtät).

Damit bekommt der kleine Bruder jetzt in der Schule als sogenannten Nachteilsausgleich mehr Zeit für Tests und Klassenarbeiten. Außerdem wurde Ergotherapie verordnet. Die soll dabei helfen, dass er seine Impulse besser zu steuern und sich selbst besser zu organisieren lernt. Da hatte er diese Woche nun den ersten Termin.

Eine medikamentöse Behandlung lehnen wir ab.
 

10 Kommentare:

  1. Dein Post ist mutig und mutmachend , findet Doro
    Ich arbeite jetzt schon über 20 Jahren mit Menschen mit Behinderung-in unterschiedlichen Bereichen.
    Das wirklich Schlimme ist meist,die fehlende Diagnose.Gut,dass Ihr nicht locker gelassen und begleitet habt!
    Jetzt steht der Plan,wie ich gelesen habe und das ist gut und richtig....
    Behindert ist man nicht,sondern wird man...

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  2. Ich wünsche deinem Sohn, dass er seine Kreativität ausleben und darin viele positive Lernerfahrungen machen. Liebe Grüsse über den Bodensee! Regula

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  3. ADS ohne dem H fällt einfach so viel schwerer auf! Kinder mit dem H schreien es raus, dass sie Hilfe brauchen... ohne H... genau das Gegenteil! Fein, dass ihr da seid, dass ihr Unterstützung habt. Alles Liebe!

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  4. Ich glaube man sollte diesen Jungen ( warum nennen Sie ihn nur "den kleinen Bruder", hat er einen älteren Bruder ? Und ist er mit 11 so klein ?) in Ruhe lassen. ADHS ist die "Wunderdiagnose" für Kinder, die nicht in ein verkorkstes Schulsystem , in dem nur der Erfolg zählt ( haben Sie nicht eine sehr ehrgeizige Tochter, die das Abi mit eins bestanden hat ?), passen. Lassen Sie ihn in eine freie Schule gehen , wo es keine Noten und keinen Druck gibt. Hausaufgabenhilfe, Ergotherapie und irgendwann dann den Psychologen, sagen Sie NEIN.
    Alles Gute und fördern Sie das kreative Talent Ihres Kindes.
    Mira

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  5. ♥ viel Kraft Ihnen allen.

    liebe Grüße
    anja

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  6. Hallo,
    Ich habe heute deinen Blog entdeckt und ein bisschen gestöbert. Dein Blog ist sehr schön gestylt, die schönen Fotos haben für mich Heimwehpotential und die Beiträge sind sehr interessant zu lesen. Ich werde gerne weiterhin "vorbeikommen"! Wir scheinen auch einiges gemeinsam zu haben: ich bin im Frühling 2016 auch an Brustkrebs erkrankt. Damals habe ich auch mit dem Blogschreiben angefangen, meinen Brustkrebsblog habe ich aber unterdessen gelöscht, weil bald mein auf den Blog basiertes Buch herauskommt... Ausserdem haben wir auch einen Sohn mit AD(H)S. Nach vielen sehr schwierigen Jahren in der Schule (ohne Abschluss, trotz überdurchschnittlicher Intelligenz) ist er aber unterdessen schon ein toller junger Mann von 20 Jahren. Das ADS ist immer noch sehr offensichtlich, aber er lernt, damit zu leben. Wenn du Lust hast freue ich mich über deinen Besuch bei mir! https://blickausdemfenster.blogspot.co.il/
    LG, Yael

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  7. Das klingt traurig. Verstehe ich gut. Doch wie kann man dem Kind antun, eine solche Diagnose zu posten? Warum soll sie stimmen? Warum nicht erstmal eine andere Psychologin aufsuchen, die ganzheitlich denkt.
    Warum nicht den Leistungsdruck wegnehmen, auf Ursachensuche in der Familie gehen, ihn in eine alternative Schule geben, viel Anerkennung geben, loben, auch wenn die große Schwester so erfolgreich ist etc.
    Die Krankheitsbezeichnung ist ein Modeetikett. Seht in die Diskussionen um die Erfindung dieses Etiketts. Wünsche dem Kind Verständnis. LG Sophia

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  8. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2012/02/12/ein-goldesel-fuer-die-pharmaindustrie

    mal durchlesen. grüße sophie

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  9. Liebe Gina,
    ich lese Deinen Blog nun schon sehr lange.
    Ich finde Deinen Eintrag über AHS bei Eurem Sohn sehr rührend und ich kann mir vorstellen, dass Dich das Thema sehr viel Kraft kostet. Aber es ist gut, zu wissen, was das Problem ist, um dann die richtigen Hilfen zu suchen. Unser dritter Sohn hat eine Konzentrationsschwäche, der Kinderarzt führt es darauf zurück, dass er erst mit vier Jahren angefangen hat, zu sprechen. Die Schule fällt ihm auch nicht so leicht wie den anderen, aber er macht Fortschritte.
    Lass Dich nicht entmutigen und sei für ihn der Fels in der Brandung - Schule ist nicht alles.
    Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Euch auch weiterhin ganz viel harmonische Familienzeit
    Liebe Grüße
    Katrin

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