Nun, genaugenommen sind wir ja schon in der sechsten Woche zuhause. Ich habe die Osterferien aber absichtlich nicht dazu gezählt, da ja eigentlich keine Schulaufgaben zu machen waren und es sich so für mich eher wie Ferien angefühlt hat.
Diese Woche hat mich nervlich wieder ganz schön gefordert, weil der jüngste Mitbewohner aus verschiedenen Gründen (ich hatte
hier mal davon erzählt) kaum zum Homeschooling zu motivieren ist. Ich würde ja gerne auch mal etwas für mich tun, ich wollte uns Masken nähen, Kleidung verkaufen, eine Verlosung im Blog veranstalten, eine Reisebericht veröffentlichen... aber das alles ging nicht.
Montag, 20.04.20
Heute ist es windig. Die Große bringt ihrer Freundin noch vor dem Frühstück selbstgebackene Kekse mit einer Karte zum Geburtstag und stellt sie ihr vor die Türe. Der Liebste geht nach dem Frühstück an seinen Heimarbeitsplatz ins Dachstudio. Der kleine Bruder trödelt enorm. Er bekam für heute den Auftrag, einen Brief an einen von der Klassenlehrerin ausgewählten Klassenkameraden zu schreiben. Er soll da erzählen, was er in der letzten Zeit so gemacht hat. Er tut sich schwer damit, anzufangen und einfach erst mal etwas vorzuschreiben. Immer wieder braucht er Unterstützung, damit er weiter macht.
Ich drehe eine Runde durch den Garten und mache Fotos. Der Zierapfelbaum im Vorgarten ist voller Blüten, es surrt und summt darin. Dann steht die Hausarbeit an, ich wasche ein Maschine Buntes und hänge die Wäsche raus in den Wind, dann ziehe ich unser Bett ab und wasche mal die dünnen Baumwoll-Bettdecken. Ich säe essbare Blumen aus, lese kurz in der Sonne meinem neuen Krimi
Muttertag, (Affiliate Link) telefoniere mit meinen Eltern. Zum Kaffee gibt es von der Großen gebackene Kekse.
Abends drehen wir zusammen eine Radrunde. Die Wiesen werden gelb. Auf dem See sind Wellen, Windsurfer packen leider gerade zusammen, der
Gardasee lässt grüßen. Der kleine Bruder hat eine genaue Vorstellung davon, wie ich das Foto von einer Bachstelze machen soll. So schön finde ich, dass wir bei unseren Runden jedes Mal etwas anderes entdecken können. Diesmal beobachten wie auch noch einen Turmfalken, einen Fasan, hören den Kuckuck rufen und schauen Rotmilanen beim Kämpfen zu. Am Rapsfeld, das jetzt voll in Blüte steht, bleibe ich nochmal stehen, das leuchtende Gelb und dieser Duft ist einfach die Wucht.
Während der Liebste dann Abendessen kocht, es gibt
Chicoree Salat mit Thunfischnudeln, gehe ich an den Schreibplatz und bearbeite Fotos und schreibe etwas von meinem Tag auf. Nach dem Essen beziehe ich die Betten frisch. In der Mail finde ich dann eine ganze Menge Aufgaben und Aufträge von den Fachlehrern, also Spanisch, Englisch, Eurythmie (wo wir schon in den ersten drei Wochen die gestellten Aufgaben nicht abgegeben haben, weil das Kind, als Quereinsteiger, das Fach nicht so mag) und Sport. Da kommt ein Berg auf uns zu und ich frage mich, wie er, wie wir das alles schaffen sollen. Der Jüngste hätte schon mit Deutsch, Mathe und Epochenunterricht genug zu tun.
Dienstag, 21.04.20
Es ist wieder ein windiger Tag und auch etwas wolkig. Der kleine Bruder trödelt, der Liebste arbeitet, die Große langweilt sich und räumt den Schrank mit unsere DVDs (und das ist eine ganze Menge) auf, ich räume die Küche auf, versorge die Wäsche, telefoniere. Die Grüne Kiste wird ab sofort dienstags geliefert und ist nun bereits am Vormittag da. Gegen Mittag wird bekannt gegeben, dass Baden-Württemberg nun auch eine Maskenpflicht in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln einführt.
Eigentlich steht heute der Beginn der Pflanzenkunde-Epoche für den kleinen Bruder an. Da wir aber keine passende Briefmarke mehr haben und der nächste offene Postshop in der Stadt ist, beschließen wir nachmittags alle zusammen, den Brief vom kleinen Bruder an seinen Klassenkameraden direkt, quasi als Fahrradkuriere, zuzustellen. Unterwegs nerven mich auf den Wegen immer wieder nebeneinander herfahrende Radfahrer, denn hier kann ich den Mindestabstand nicht einhalten. Überhaupt sind die jungen Leute sehr lässig damit.
Auf der Seestraße mit den schönen alten Villen sind alle Gartenrestaurants geschlossen. Hier sind viele Radfahrer und Fußgänger unterwegs und wir müssen langsam fahren. Wir halten am beliebten Eisladen. Dort stehen die Leute aber in einer langen Schlange an der Straße, so fahren wir weiter zum Konstanzer Hafen. Für den Weg von zuhause bis zum Hafen brauchen wir etwa eine Stunde. Hier wird sehr deutlich, dass dies ein Frühling am Bodensee ohne Touristen ist.
Nachdem
wir unser erstes Freilufteis für dieses Jahr Eis mit Blick auf die
geparkten Schiffe geschleckt haben, fahren wir noch ein paar Meter
weiter an die Deutsch-Schweizerische Grenze. Kreuzlingen und Konstanz
sind ja eigentliche eine Doppelstadt, sie gehen quasi ineinander über
und viele Deutsche wohnen in der Schweiz und umgekehrt. Zu Coronazeiten
sind die Grenzen nun geschlossen und ein doppelte Zaun trennt
Ehe-/Partner, Familien und Freunde. Auch heute sitzen oder stehen sich
Menschen hier gegenüber und unterhalten sich. Das Bild geht zu Herzen.
Am
Rückweg entlang der fast verwaisten Insel Mainau, auf dem Parkplatz stehen nur drei Autos, fahre ich noch hinauf zu meinem
12tel Blick Standort. Der
kleine Bruder macht dann noch Mathe, während wir etwas für das
Abendessen zusammenbruzeln. Dann schauen wir natürlich die nächste Folge
von WaPo Bodensee, weil die Große bei dieser Staffel mitgewirkt hat.
Mittwoch, 22.04.20
Was ein Wetter! Wolkenloser Himmel und strahlender Sonnenschein. Der Tag der Erde oder Earth Day jährt sich heute zum 50. Mal. Dieser Tag kann ein guter Grund sein, unser Leben bewusster zu gestalten und zu verändern. Utopia gibt 10 Tipps zum
Jetzt-Sofort-Durchstarten.
Der Liebste erledigt mit der Großen wieder ganz früh den Einkauf für eine Woche. Es wird nun begrenzt, wie viele Kunden gleichzeitig in den großen Lebensmittelladen dürfen, so früh am Morgen ist das aber noch unerheblich. Der Liebste hat heute seine erste Vorlesung, bzw. die Studenten können sich mit Fragen dazu an ihn wenden und dann folgen Konferenzen bis nach 19Uhr. Ich stelle eine Waschmaschine an. Die Post bringt die für den Jüngsten bestellten Sandalen, leider sind sie zu groß. Die Große macht uns zwischendurch Smoothies.
Heute hat der kleine Bruder einen schönen Auftrag in der Natur: Suche 10 blühende Pflanzen, bestimme sie (er verwendet dazu und
Was blüht denn da?, beides Affiliate Links) und presse sie! Wir werden im Garten, auf dem benachbarten Feld und dann auf einer Wiese in der Nähe fündig. Nicht alle Blüten eignen sich zum Pressen, denn die Blütenblätter fallen gleich aus.
Ich genehmige mir eine Pause mit Nervennahrung für mich mit
Ingwerschokolade (Affiliate Link) und den ersten Erdbeeren des Jahres. Der kleine Bruder macht noch Englisch und arbeitet im Matheheft, ich bin dann noch im Garten, räume auf und gieße. Heute gibt es eine schnelle Restepfanne mit Salat. Nach dem Abendessen telefoniere ich noch lange mit den Lieben in der Ferne.
Donnerstag, 23.04.20
Heute muss der kleine Bruder eine Löwenzahnpflanze ausgraben, genau betrachten, beschreiben und dann eine Pflanze zeichnen. Gut, dass wir dazu nur in den Garten gehen müssen :-) Er ist leider eine ganze Weile abgelenkt von den Nachbarjungen. Das muss man sich so vorstellen: Am Ende von drei zum Feld hin offenen Gärten sitzt jeweils ein Junge auf einem Liegestuhl und sie unterhalten sich, hören Musik oder werfen auch mal einen Ball, denn spielen dürfen sie ja nicht miteinander.
Der kleine Bruder geht irgendwann rein und zeichnet den Löwenzahn aus dem Gedächtnis. Die Große geht joggen und sie backt uns leckere Nervennahrung: Kirschmuffins mit Topping aus weißer Schokolade. Der Liebste macht zur Kaffeezeit eine kurze Pause, ansonsten ist er den ganzen Tag in Videokonferenzen.
Zu mehr ist der Jüngste dann nicht mehr zu bewegen und so fahre ich mit
ihm noch mit dem Rad auf die Wiesen und in den Wald, denn er braucht
weitere Blühpflanzen zum Pressen. Wir legen sie in ein Buch und später
dann zuhause in die
Blumenpresse
(Affiliate Link Gerät ähnlich). Wir entdecken ein Trollhaus mit der
Aufforderung auch eines zu bauen, das ist ja eine tolle Idee! Der kleine
Bruder fühlt sich aufgefordert und legt gleich los. Und ich kann mich
nicht sattsehen an dem herrlichen Frühlingsgrün. Derweil kocht die Große
zum Abendessen Chillie sin carne.
Freitag, 24.04.20
Heute soll der kleine Bruder, neben den anderen Fächern, seiner Lehrerin einen Brief schreiben und erzählen, wie es ihm so geht, wie er mit den Schulaufgaben zurechtkommt, was er sonst so macht u.s.w. Er hat heute wieder überhaupt keine Lust, etwas für die Schule zu tun, er liest trödelt, unterhält sich mit den Nachbarkindern ...
Ich bohre endlich Löcher in Holzklötze, die vom Kürzen der Beine unserer Gartenbank aus Recyclingteak übrig sind. Ich wähle verschiedene Durchmesser wie ich es
dort empfohlen wird. Die Klötze stelle ich dann ins teilweise ausgeräumte Wildbienenhotel. Jetzt bin ich gespannt, ob sie angenommen werden. Wir können im Garten einen
Wollschweber beobachten. Nun blühen auch die Johannisbeeren und der Apfelbaum.
Am Nachmittag bekomme ich plötzlich starke Magenkrämpfe. So was kenne ich eigentlich nicht. Ich lege mich hin und der Liebste bringt mir ein Glas Wasser mit einer Messerspitze Natron und ein Wärmekissen. Er kann heute zum Glück eher Feierabend machen. Nach zwei Stunden hat sich mein Magen beruhigt und ich kann abends sogar ein wenig essen. Möglicherweise ist mir dieser ewige Kampf mit dem Kind wegen den Schularbeiten und der Gedanke daran, dass dies nun noch wochenlang so weiter gehen wird, auf den Magen geschlagen. Mal sehn.